Erster Beweis einer Siedlung ca. 600 - 500 v. Chr.

Erster indirekter Beweis einer Siedlung: Urnenfriedhöfe ca. 600 - 500 v. Chr. Eine Sendenhorster Siedlung läßt sich nur indirekt, aber trotzdem eindeutig durch zwei Urnenfriedhöfe ableiten. Die den Friedhöfen zugehörige Siedlung wird, wie das meistens der Fall ist, durch die spätere intensive landwirtschaftliche Nutzung vernichtet worden sein.

Auf jeden Fall belegen die beiden Urnenfriedhöfe im Westen und Osten der spä­teren Stadt Sendenhorst das Vorhandensein einer bäuerlichen Siedlung für die Zeit 600-500 v. Chr.

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Urnenfriedhof Spithöverstraße

1930 wurde auf der Westseite der Spithöverstraße, kurz vor der Straße West­tor, eine Baugrube für ein Wohnhaus ausgehoben. Dabei stießen die Arbeiter auf mehrere Tongefäße mit Leichenbrand. Leider wurde dem Fund keine größere Be­deutung beigemessen. Die Urnen sind verloren gegangen. Eine Fundmeldung un­terblieb, so daß wir weder die genaue Anzahl der Urnen noch die näheren Fundumstände kennen. Aus der Beschreibung von Zeitzeugen ergibt sich mit großer Wahrscheinlichkeit, daß ein bronze-eisenzeitlicher Urnenfriedhof freige­legt worden war'.

Urnenfriedhof Martiniring

Besser sind wir über den zweiten Urnenfriedhof unterrichtet, weil hier das Amt für Bodenpflege (Museum für Vor- und Frühgeschichte Münster) rechtzeitig ein­geschaltet wurde. 1949 entstand östlich der Stadt, auf der stadteigenen bzw. kirchlichen Ackerflur »Brink«, die erste Nachkriegssiedlung »Martiniring«. Wie kurz nach dem Kriege üblich, schachteten die künftigen Eigenheimbesitzer die Baugruben mit Schaufel und Spaten in Eigen- oder Nachbarschaftshilfe aus. Da­bei stieß man bei mehreren Häusern 40 bis 80 cm unter der Oberfläche auf Brandurnen, in rotbraunen Sandschichten eingetieft. Die Funde wurden von Sieg­fried Gollub (Münster) untersucht und ausgewertet. Die Tageszeitungen berichte­ten ausführlich'. Eine Fundakte liegt vor. Nach Gollub war das Fundgebiet vor 2.500 Jahren starken Wassereinflüssen ausgesetzt. Auf einer schmalen Kuppe ei­ner grund- und hochwasserfreien Dünung hatten die Menschen die Urnen mit den Überresten ihrer Verstorbenen beigesetzt. Dem Fundbericht entnehmen wir:

Die Urnenfunde vom Martiniring: 1 Doppelkonisches Gefäß, Haus 1; 2 = Urne mit S-förmigem Profil, Haus 2; 3 und 4 = Gefäßreste aus Haus 4.

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Haus I: Rest eines doppelkonischen Gefäßes, teilweise verziert Außenwandung mit gelbbraunem rötlich getönten Überzug versehen.

Haus 2: Urne mit S-förmigem Profil; Reste einer Schüssel mit Schräghals; Bodenteil ei­nes größeren grau- bis gelbbraunen Topfes.

Haus 3: Reste eines größeren, dickwandigen Topfes. Außer feinem, hartem Leichen­brand enthielt das Gefäß drei verschmolzene Stücke eines bronzenen Ringes aus drei zusammengedrehten Drähten.

Haus 4: 7-8- Gefäße zerstört; außerdem Randstück eines Kugeltopfes mit Kammstrich­muster; Randstück eines ähnlichen Gefäßes; zugehörige Wandstücke; Bodenreste von zwei gelbbraunen Gefäßeng.

An anderer Stelle beschreibt Gollub zwei Urnen genauer:

Die Urne verrät starke Beziehungen zum nordostdeutschen Raum (Hannover). Mit ihrer sepiabraunen Farbe und ihrer eigentümlichen körnigen Rauhung des Mittelteils fällt sie eigentlich etwas aus dem Rahmen des bei uns üblichen Tonge­schirrs heraus ... Die senkrechte Kammstrichverzierung [einer weiteren Urne] auf dem Unterteil ist durch nachträglich eingeglättete Streifen unterbrochen. Eigentümlich wirkt die Kombination mit waagerechten, wellenförmigen Horizontreliefen. Das Gefäß fällt außerdem noch dadurch auf daß es mit einer feinen gelbbraunen Tonschicht überzogen ist.

Der Grabungsbericht läßt sich ergänzen durch Feststellungen, die die Archäo­logen in späterer Zeit an anderen Fundstellen im Münsterland gemacht haben. In der Steinzeit und in der älteren Bronzezeit, d. h. in der Zeit, die vor der Senden­horster Siedlung lag, bestatteten die damaligen Bewohner des Münsterlandes ihre Toten unter Hügeln in Grabschächten oder in gewaltigen Riesensteingräbern (Megalith- bzw. Hünengräber). Mit den importierten, technologisch fortschrittli­cheren Bronzeerzeugnissen übernahmen die Menschen auch die fremdartige Sitte der Totenverbrennung. Die Toten wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt, ihre kalzinierten Knochenreste gesammelt und in Behältern aus organischem Materi­al, aus Holz, Leder, Stoff, oder in Tongefäßen in kleinen muldenförmigen Erdgru­ben beigesetzt. Die Grabstellen wurden sorgfältig durch Erdaufschüttungen und Einfriedigungen voneinander abgesetzt und markiert. Beliebt waren schlüssel­lochförmige Begrenzungen. Pfostensetzungen im Rechteck erinnern deutlich an den Steinkreis von Stonhenge in England. Die sorgfältige Anlage der »Nekropo­len« (Gräberfelder) läßt auf religiöse Vorstellungen und auf einen Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode schließenw.

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