2 Siedlungsgeschichte - Frühe Siedlungen

Über die Anfänge menschlicher Besiedlung im Raum Albersloh ist nichts bekannt. Gewiß ist jedoch, daß hier bereits in der Mittelsteinzeit (8000-4000 v. Chr.) Menschen gelebt haben, wie verschiedene Bodenfunde im Gebiete des eiszeitlichen Höhenrückens beweisen. Ob es sich dabei um Dauersiedler gehandelt hat oder um streifende Jäger und Fischer, kann allerdings nicht gesagt werden.  Mit ziemlicher Sicherheit darf aber angenommen werden, daß der Raum Albersloh seit der Jungsteinzeit (4000-2000 v. Chr.) in Teilen ständig besiedelt gewesen ist. Bodenfunde aus dieser und der folgenden Bronzezeit (2000-800 v. Chr.) liegen recht zahlreich vor: Hügelgräber, Urnenfriedhöfe, Einzelurnen, Waffen und Gerätschaften. Zu einer gewissen Berühmtheit hat es dabei das sagenumwobene "Königsgrab" in der Hohen Ward, unweit des Hofes Schulte Dernebockholt, gebracht. In Alst hat man auch Reste von Pfostenhäusern und Scherben aus der vorrömischen Eisenzeit (nach 800 v. Chr.) entdeckt.

Aus der Lage der Begräbnisstätten, die auf naheliegende menschliche Ansiedlungen weisen, ergibt sich, daß die ersten Siedler sich hauptsächlich in den höhergelegenen südlichen und westlichen Gebietsteilen niedergelassen haben. über Leben und Schicksale der Ureinwohner ist nichts bekannt. Es ist auch ungewiß, inwieweit sie in ihrer persönlichen Freiheit und in ihren Rechten am Grund und Boden eingeschränkt wurden, als um 400-600 n. Chr. die aus Jütland stammenden Sachsen unsere Heimat in Besitz nahmen. Sicher ist jedoch, daß die sächsische Zuwanderung der Siedlungstätigkeit allgemeinen Auftrieb gegeben hat. Es entstanden neue Höfe, teils in der Nähe vorhandener Wohnstätten, teils in bisher unbesiedeltem Gelände. Zwar liegen über diese Entwicklung keine schriftlichen Unterlagen vor, doch lassen sich die Siedlungen der sächsischen Zeit an Hand charakteristischer Flurformen und Namen mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. Manche der als sächsisch bestimmten Siedlungen werden in vorsächsische Zeiten zurückreichen. Ein Beweis kann dafür allerdings nicht erbracht werden.

Typische Flurformen der sächsischen Zeit waren die sog. Esche (ahd. ezzisk = Saatfeld), hochgelegene Landstücke mit schmalen langstreifigen Ackerparzellen in Gemengelage. Dabei hat es sich jedoch nur um die Kernstücke der späteren, durch An- und Ausbauten erweiterten Esche gehandelt. Sie und die an ihre Ränder gesetzten Wohnstätten lagen an hohen trockenen Stellen, wo man die für die damaligen Ackergeräte geeigneten Böden vorfand und vor den häufigen Überschwemmungen besser geschützt war. 

Solche Landstücke mit streifigen Ackerfluren, einsame Inseln im weiten Wald- und Buschland, hat es im Südteile des Ksp. Albersloh (1647 Voß Esch) , sowie westlich und östlich der mittleren Werse gegeben (1532 Buckes Esch). Zu den alten Fluren passen vielfach die Namen benachbarter Höfe, die mit torp (drup) , ithi, loh und anderen Worten zusammengesetzt sind und von der Siedlungsforschung der sächsischen Zeit zugewiesen werdenlO •

Anfang des 9. Jh., nach der Eroberung des Sachsenlandes durch Karl d. Gr., begann ein intensiver Landesausbau, der bis ins 13. Jh. angehalten hat. überall entstanden neue Höfe, auch in den Niederungsgebieten und großenteils in Einzellage, die der um diese Zeit in den Vordergrund tretenden Viehwirtschaft besonders günstig war. Die Dresche weiteten sich aus, aber auch abseits der Esche wurden im Wald- und Ödland neue Ackerländereien angelegt. Die Langstreifenfluren wandelten sich zu Kurzstreifen, dann zu Blockstreifen und schließlich zu unregelmäßigen Blockfluren, wie sie sich im östlichen und nördlichen Ksp. Albersloh besonders zahlreich fanden. 

Von dieser Entwicklung in fränkischer und nachfränkischer Zeit zeugen nicht nur Namen wie Rott, Rottkamp oder Roddekamp, wie Brandkamp und Sengehove, die auf die früher übliche Brandkultur verweisen, sondern insbesondere die zahlreichen Namen mit der Endung -kamp (lat. campus = Feld, in der Bedeutung: "Eingefriedigtes Sondereigentum ", im Gegensatz zum älteren gemeinschaftlichen Eschlande). Die kamp-Namen sind für die Hochblüte der Ausbauzeit charakteristisch 11•

Im 11./12. Jh. ging man verschiedentlich dazu über, besonders große Höfe aufzuteilen, weil man die Arbeit nicht bewältigen konnte, aber auch zur Unterbringung nachgeborener Söhne. Es entstanden sog. Zwiehöfe, die meistens gleiche Namen trugen und sich nur durch die Zusätze "grot" (später auch wohl in "Schulte" umgewandelt) und "lütk" unterschieden. Die Zusätze besagten allerdings nichts über den Umfang der Höfe. Man darf aber annehmen, daß es sich bei den "groten" im allgemeinen um die Stammhöfe gehandelt hat. 
In Albersloh haben sich auf diese Weise aus einem Urhofe Ahrenhorst die Höfe Große und Lütke Ahrenhorst gebildet, aus einem Urhofe Berl die Höfe Große (Schulte) und Lütke Berl. Aus einem Urhofe Farwick sind die Höfe Große und Lütke Farwick und durch weitere Aufteilung der Hof Mittelfarwick entstanden, aus einem Urhofe Haarmann die Höfe Große und Lütke Haarmann. 

Jeder bis zum Ende der Ausbauzeit (Mitte des 13. Jh.) errichtete Hof wurde ursprünglich mit der Gesamtheit seines Besitzes und seiner Rechte als Hufe bezeichnet, dann lat. domus, später Erbe genannt. Der Bauer hieß Wehrfester oder Zeller (mnd. teler = Feldbebauer). 

Die Entstehung der Erbenhöfe fand im 13. Jh. ein Ende, weil weitere Gründungen großer Bauernstellen die damals übliche extensive Wirtschaft der vorhandenen Höfe gefährdet und die Nutzungsrechte in den Marken bedrohlich eingeschränkt hätten. Ein bedeutsamer Abschnitt in der Siedlungsgeschichte des Ksp. Albersloh war damit abgeschlossen.

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