Von Siedlungsspuren, Völkerbewegungen und Hollandgängern
Sie wurde 1933 von Mitgliedern des freiwilligen Arbeitsdienstes entdeckt. Dieser war in der Helmbachaue mit Regulierungsarbeiten beschäftigt. Die Feuerstelle liegt auf der Grenze zu Albersloh, auf der Uferkante des Baches. Dort hat die steinzeitliche Nomadenhorde vor 8.000-10.000 Jahren ein Feuer entzündet, um die Jagdbeute zu braten oder sich vor Kälte zu schützen, so schreibt H. Petzmeyer.
ERSTE SIEDLUNGSSPUREN
Die ersten Siedlungsspuren auf Sendenborster Gebiet sind die Urnenfriedhöfe >>Martiniring<< und >>Spithöverstraße<<, die vermutlich aus einer Zeit 600 v. Chr. - 500 v. Chr. stammen. Welcher >>Stamm<< oder welches >>Volk<< diese ange legt hat, ist nicht bekannt. Entdeckt wurden die Urnengräber 1933 an der Spithöverstraße und 1945 am Martiniring. Bild vom Martiniring aus dem Jahr 1950 - siehe unten:
DER GERMANENSTAMM DER BRUKTERER
1971 wurde in der Bauerschaft Alsteine Ansiedlung mehrerer Häuser aus der Zeit um Christi Geburt gefunden. Um Christi Geburt war hier der Germanenstamm der Brukterer
ansässig. Die Brukterer waren auch an der Varusschlacht im Jahr 9 n.Chr. im Teutoburger Wald beteiligt, bei der die römischen Truppen vernichtend geschlagen wurden und deren Einfluss nachhaltig westlich des Rheins verschoben wurde. Ob es sich dabei um eine Siedlung der Brukterer handelt, lässt sich nicht sagen. Die Brukterer, wanderten auf jeden Fall um 400 n. Chr., wahrscheinlich im Zuge der Völkerwanderung, ab. Unser Raum war zu dieser Zeit dicht bewaldet und nahezu menschenleer!
Als nächste siedelten sich hier nach ca. 650 die Sachsen an, die ursprünglich aus Jütland stammen (Dänemark). Als nächstes kamen die Franken in Folge Karls des Großen um 800 n. Chr. in unseren Raum. Zu dieser Zeit begann Bischof Liudger, gebürtig aus Uetrecht, studiert in York, England, die Christianisierung des Münsterlandes von der neu gegründeten Stadt Münster aus (Alter Name: Mimigernaford, später Monasterium, später Münster). In Sendenhorst gab es die ersten Höfe, wahrscheinlich 6 - 7 Bauerschaften. Dies waren zu dieser Zeit nur ganz kleine Hofverbände. Zu dieser Zeit begann die Vermischungvon Franken und Sachsen, und es lässt sich keine genaue Zuordnung zu einem der Volksstämme herstellen. Letzten Endes wird man nie feststellen können, ob Sendenhorst sächsisch oder fränkischen Ursprungs ist.
Albersloh könnte fränkisch sein: Der Name Albersloh heißt ja wahrscheinlich >>Wald des Albrecht<<, und die Kirche ist eine Urpfarrei des Münsterlandes. Somit spräche einiges für die fränkische Kolonisierung, Vergabe eine Lehens an einen Adeligen, Missionierung.
ANZIEHUNGSKRAFT AUSLAND
Es mussten nicht immer Völkerbewegungen sein, meistens beschränkte sich der Austausch mit dem nächsten Kirchspiel oder der nächsten Stadt. Aber auch das Ausland übte eine große Anziehungskraft aus, so z. B. die Niederlande. Das Hlg. Römische Reich deutscher Nation bestand von 959- 1803 n. Chr. Es zerfiel im Laufe seiner Geschichte mehr und mehr in fast souveräne Kleinstaaten, die sogar Krieg gegeneinander führten und Bündnisse mit ausländischen Mächten schließen konnten. Der Zerfall beschleunigte sich nach dem 30-jährigen Krieg immer weiter, bis sich das Reich schließlich 1803 auflöste. Die Niederlande wurden infolge des Westfälischen Friedens vom Hlg. Römischen Reich unabhängig. Nach dem 30-jährigen Krieg, also nach 1648, kam es in den Niederlanden zu einem lang anhaltenden Aufschwung. Die aufstrebenden Niederlande mit ihren Kolonien in Übersee sowie die produktive Landwirtschaft benötigten Arbeitskräfte.
PREKÄRE WIRTSCHAFTLICHE LAGE
Die wirtschaftliche Lage im Fürstbistum Münster und somit auch in Sendenhorst war zu de Zeitpunkt prekär. Das Fürstbistum entsprach dem heutigen Münsterland, dem
Oberstift und dem sog. Niederstift, das heute in Niedersachsen liegt. Zu nennen sind die Städte Cloppenburg, Frisoythe und Vechta. Das Fürstbistum bestand als >>Staat<< im Reich bis zu dessen Auflösung im Jahre 1803. Auch in anderen deutschen Kleinstaaten war die wirtschaftliche Lage nicht besser. Für Sendenhorst ist zu sagen, dass die LeineweberHausindustrie bereits im Begriff war, zu sterben. Es gab viele Arme, einige Handwerker und nur wenige wohlhabende Bürger, meist im Westen der Stadt ansässig.
DIE HOLLANDGÄNGER
Bild: Schon damals typisch für Holland: Windmühlen und Kanäle
Somit bildeten sich überall in Westfalen Gruppen, die in dem Nachbarstaat Arbeit suchten, die Hollandgänger. Aus Wikipedia: Die Hollandgänger brachen typischerweise in einer gemeinsamen Wanderbewegung im Frühjahr von ihrer Heimat zu Fuß auf und nutzten regelmäßig feste Routen, die zu zentralen Treffpunkten führten. Die Wanderarbeiter waren in Holland vor allem als Tagelöhner in der Landwirtschaft beschäftigt, vielfach als Grasmäher oder Torfstecher. Das Torfstechen galt als die schwerste Arbeit, die allerdings
auch am höchsten bezahlt wurde. Andere Hollandgänger arbeiteten als Seeleute, in der Ziegelindustrie, bei der Geneverherstellung, als Deckenhausierer, Herings- und Walfänger. In der Regel verdingten sich jüngere Männer, seltener auch Frauen, die als Dienstmädchen oder in Bleichereien arbeiteten. Im späten 19. Jahrhundert bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein war die Hollandgängerei für viele junge Frauen aus den Industriegebieten an der Ruhr mangels anderer Beschäftigungsalternativen oft die einzige Möglichkeit, zum Familienunterhalt beizutragen. Die Unverheirateten unter den jungen Männern blieben -wie man aus holländischen Kirchenbüchern entnehmen kann- nicht selten auch dauerhaft in Holland und gründeten dortFarnilien. Ihre höchste Intensität erreichte die Hollandgängerei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Zahl der Hollandgänger ist nicht genau belegt, wird aber zwischen 1700 und 1875 auf20.000 bis 40.000 im Jahr geschätzt.
Bei H. Petzmeyer ist zu lesen:
230 Arbeiter waren 1828 aus dem Kreis Beckum nach Holland gegangen, um beim Torfstich, als Korn- oder Grasmäher Beschäftigung zu finden. Die Regierung in Münster sah die Abwanderung ihrer Untertanen nicht gern. Sie wies auf die gesundheitlichen Gefahren hin; 4 Arbeiter waren verstorben, 36 waren krank zurückgekehrt. Der Verdienst stehe in keinem Verhältnis zum Aufwand. Hier hatte die Regierung zweifellos Recht. Der durchschnittliche Nettogewinn eines Arbeiters betrug 15- 16 Taler, zu wenig, um die Familie durch den Winter zu bringen. 1831 verstärkte die Regierung ihre Warnungen.
Im Amtsblatt konnten die Bürgermeister lesen:
Um der großen Zahl der Hollandgänger sind in diesem Jahr viele zurückgekommen, ohne dort Arbeit gefunden zu haben. Diese sind durch das Fehlschlagen ihrer Hoffnungen auf Arbeitsverdienst und durch den Verlust der Reise-Auslagen meistens in Armut geraten. Diejenigen, welche in Holland Arbeit fanden, haben wegen niedriger Arbeitspreise und Teuerung der Lebensmittel wenig verdient.
Über die Risiken wird berichtet:
>>Häufig erkrankten sie auf dem Wege nach Holland oder an ihrer Arbeitsstelle. Durch keine Krankenkasse abgesichert, mussten sie entweder unverrichteter Dinge zurückkehren oder den Verdienst für Arzt und Arzneikosten verbrauchen. Im Sommer 1828 gingen 15 Schnitter aus Stadt und Kirchspiel nach Holland (2 erkrankt), im folgendenJahrwaren es 13 (2 erkrankt). Von den 13 Arbeitssuchenden des Jahres 1830 kamJohann Heinrich Borgmann nach 6 Wochen krank zurück, 2 hatten keine Arbeit gefunden, die übrigen hatten bei Amsterdam und Leiden insgesamt 152 Taler verdient. Nach dem Hungerjahr 1830 stieg die Zahl der Hollandgänger zwar auf 15, aber es herrschte ein Überangebot an Arbeitskräften, 8 Sendenherster kehrten zurück, ohne Arbeit gefunden zu haben. Der Tagelöhner Bernard Heinrich Artmann bat 1830 um Unterstützung beim Armenvorstand. Er war >>auf der Tour nach Holland zum Grasmähen fast ganz erblindet<<.
Viele Saisonarbeiter ließen sich aber auch in der Fremde nieder und gründeten dort Familien. Im Zuge der Ahnenforschung habe ich bereits viele Freunde aus den Niederlanden gefunden, so z. B. Herrn Hanns Bronnemann aus Den Haag - der mit seiner Ahnenforschung dazu beitragen konnte, einen Zweig nach Holland aufzubauen. Er, bzw. seine Ahnen stammen aus Albersloh, geboren als Brünemann. Sie sind dann nach Sendenhorst ausgewandert und schließlich kam der Vorfahrvon Hanns als Hollandgänger = Sendenherster Saisonarbeiter
nach Holland!