Erste Siedler im Bereich um Sendenhorst
In Heinrich Petzmeyers Stadtgeschichte steht zu lesen, dass erste Spuren dauerhafter menschlicher Besiedlungen in Sendenhorst bereits 600-500 v. Chr. auftauchen. Vorher könnten bereits eiszeitliche Nomaden oder Neandertaler unser Gebiet bewohnt oder zumindest durchstreift haben, darauf deuten Funde in der Umgebung hin.
Im Jahr wurden 1932, bzw. 1945 wurden zwei Urnenfriedhöfe entdeckt, einer an der Spithöver Straße und der Urnenfriedhof „Martiniring“. Diese wurden der der späten Bronzezeit (600-500 v.Chr.) zugeordnet gelten als 1. indirekter Nachweis einer dauerhaften Besiedlung des Sendenhorster Raumes. Wer diese Friedhöfe angelegt hat, bleibt jedoch im Dunkeln.
In der Zeit um Christi Geburt wird das Kernmünsterland, der sog. Dreingau durch die germanischen Brukterer besiedelt. Das römische Reich streckt seine Hand nach Ober-Germanien aus, Germanien wird kurzzeitig römische Provinz, bis schließlich 9 n.Chr. die Germanen, u.a auch die hier lebenden Brukterer, sich gegen die Römer erheben. In der Varusschlacht bei Kalkriese / Osnabrück - verliert Rom 3 Legionen und gibt die Eroberungen jenseits des Rheins auf. Bei den anschließenden Rachefeldzügen des Germanicus kommen die Römer vielleicht auch in unsere Gegend.
In den darauffolgenden Jahrhunderten im Zuge der Völkerwanderung wandern die Brukterer aus dem Münsterland ab, das Kernmünsterland entvölkert. Die Brukterer schließen sich den germanischen Franken an, die zu dieser Zeit den Raum Belgien, Nordfrankreich besiedeln.
Um 500 nach Christus erreichen Bauern vom germanischen Stamm der Sachsen von Norden nach Westen kommend, das Gebiet um das heutige Sendenhorst. Sie finden eine „entvölkerte menschenleere Einöde“ vor. Die Neusiedler folgten dem mit Eichen, Buchen und Birken bewachsenen Kiessandrücken, den die Geographen Uppenberger Geestrücken nennen. Es handelt sich um ein Überbleibsel der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren: Bei Abschmelzen der Gletscher lief das Wasser durch eine „Toteisrinne“ ab und der im Eis mitgeführte Sand wurde vom Gletscher mit dem Schmelzwasser in die Rinne mitgerissen. Hier lagerte sich der Sand dann ab. Als das Eis endgültig abgeschmolzen war, blieb der Sandrücken als leichte Erhebung zurück. Noch heute ist der Sandrücken, der sich von Beckum über Sendenhorst, über Münster und Rheine, bis nach Salzbergen zieht, deutlich zu erkennen.
Auf der Geist (Geest, Geist =trocken) westlich und östlich des heutigen Weges „Auf der Geist“ fanden sie trockene‚ leicht zu bearbeitende Ackerflächen, die sie unter ihren hölzernen Pflug nahmen und mit Gerste, Hafer oder Roggen besäten. Die Höfe dieser jungen Siedlung entstanden in der Nähe der gemeinsamen Ackerflur. Gepflügt wurden schmale, aber sehr. lange Ackerstreifen in Gemengelage. Zu jedem der Höfe. gehörte ein Kamp beim Hause für die Einfriedigung der kümmerlichen Viehbestände zu Nachtzeiten.
Über Form und Größe der Häuser ist man relativ gut durch Ausgrabungen der letzten Jahre rund um Warendorf (Einen, Müssingen‚ Neuwarendorf, Telgte-Wöste, Raestrup und Milte) unterrichtet, Das Haupthaus war bis zu 20 Meter lang und wie ein Schiffsrumpf ausgebuchtet. In der Mitte, an der breitesten Stelle maß es etwa fünf bis sechs Meter. Als Baumaterialien wurden Holz, Lehm und Stroh benutzt. Um das Hauptgebäude lagerte sich .in der Regel eine Reihe von Grubenhäusern 70 cm in den Boden gesenkt und mit einem bis auf den bodenreichendem Dach. Hier lagerten die Vorräte, hier wurden handwerkliche ‚ Arbeiten ausgeführt und hier verarbeiteten die Frauen den Flachs zu Leinen.
Landwirtschaftliche Besitzverhältnisse waren über Jahrhunderte fast unveränderlich So ist es möglich, noch nach 1200 Jahren die ältesten Ackerfluren, ihre Besitzer und damit die ältesten Höfe festzustellen. Am Sendenhorster Esch, so nennt man die uralten Langstreifenfluren waren die Höfe Tergeist, Rüschey (Hofstelle seit etwa 500 Jahren verschwunden), Geisterholt (ebenfalls verschwunden), der Hof des Pastors und das sich später im Besitz des Garfen von Merveldt befindene Haus Sendenhorst (vgl. Straßennamen Drostenhof in der Stadt) beteiligt.
Man weiß nicht, ob in dieser ersten Besiedlungsphase zwischen 500 und 600 noch andere Siedlungen entstanden. Die Flurbereinigung hat die Flurkarte so gründlich. verändert, dass es zur Zeit nicht möglich ist, alte Langstreifenfluren festzustellen. In siedlunggeschichtlichen Untersuchungen über das Münsterland werden noch die Bauerschaften Bracht und Rinkhöven (Rinker Berg) als frühgeschichtliche Esch-Siedlungen genannt.
Höfe gruppierten sich zum Drubbel (lockere Gemeinschaften)
In den folgenden Jahrhunderten schritt der Landausbau weiter fort: Vom sandigen Geestrücken drangen Siedlern nach Norden und Süden vor und ließen sich auf dem schweren, lehmigen und oft steinigen Böden in Elmenhorst, Jonsthövel und Bracht nieder. Man bevorzugte inzwischen blockförmige Ackerfluren von unregelmäßiger Form und Lage in Besitzgemenge. Weiterhin gruppierten sich die Höfe zu lockeren Gemeinschaften („Drubbel“)‚ wie man noch heute ohne Schwierigkeiten sehen kann. Zur Bauerschaft Kulsincthorpe‘ (der Name ging später unter und wurde durch Brock ersetzt ) gehörten die Höfe Rötgermann (Hofstelle. aufgegeben), Niestert, Vornholz und Kössentrup.
Die Höfe Baggelmann (Stratmann), Keithage (Köddewig), Lange und Joelmann (Haiene) gruppierten sich in Jonsthövel zu einem Drubbel. In Rinkhöven gaben Nähring = Nording (heute Hartmann) rund Suermann = Südmann die nördliche und südlliche Begrenzung der Hofesgruppe an. Dazwischen lag Middrup (Vornholz) = Mitten im Dorf.
An staatlicher Verwaltung, an behördlichem Druck und Reglementierung erfuhren „die Sendenhorster der ersten Stunde“ absolut nichts. Man hatte eine einfache Gerichtsbarkeit, um nachbarliche Streitigkeiten. zu schlichten; Man hatte sicherlich auch eine Art Götterverehrung. Aber eine ortsübergreifende Organisation war unbekannt oder doch zumindest bedeutungslos.
Ab 772 begannen die Franken unter Karl dem Großen, deren Reich mittlerweile zu einem Großreich im heutigen Frankreich, Nord-Italien, sowie große Teile Deutschalnds aufgestiegen war, die Sachsen im Norden Deutschlands zu unterwerfen und zu missionieren. Dass sie in Zukunft zum Reich der Franken gehören und statt ihres Götterglaubens dem Christengott treu sein sollten, mag für die sächsischen Bauern ein untergeordnetes Problem gewesen sein, die Forderung nach dem Zehnten, die die Sachsen in den Aufstand und in einen 30 Jahre währenden Krieg führte. Auch die Sendenhorster werden ihren Beitrag zum sächsisch-fränkischen Krieg geleistet haben.
Ein Bauerntum, das überhaupt keine Überschüsse erwirtschaftete – wofür auch? – sollte plötzlich zehn Prozent vorn landwirtschaftlichen Rohertrag abliefern; Das ging an die Substanz. Entsprechend hartnäckig war der Widerstand. In der Nachbargemeinde Warendorf wehrten sich die Bauern so verbissen, dass Karl der Große sie zwangsumsiedeln ließ und ihre Siedlung niederbrannte.
Dann kam endlich der Friede. Die zweite christliche Generation lernte die Segnungen des Glaubens kennen‚ vor allem durch überzeugende Missionare wie der erste Bischof von Münster, Liudger, der 805 zum Bischof des von ihm gegründeten Bistums Mimigernefaord = Münster ernannt wurde. Liudger gründete eine Reihe von sog. Urpfarreien im Münsterland, so z.B. Ahlen, Warendorf, Billerbeck. Von diesen Urpfarreien wurden in späteren Jahrhunderten kleinere Pfarreien „abgepfarrt“, so auch Sendenhorst. Am Oberlauf der Ruhr in Werden hatte Liudger ein Mönchskloster gestiftet. Hier fand er seine letzte Ruhestätte, nachdem er 809 in Billerbeck gestorben war.
Werdener Urbar
Kurz vor 900 schrieben die Werdener Mönche eine Liste aller Höfe die ihnen Abgaben zu liefern hatten. Dieses „Werdener Urbar“ ist eine hervorragende Quelle für die frühe Geschichte hiesiger Siedlungen; In altertümlicher Form zeichnet das Urbar die heutigem Bauerschatsnamen auf: Braht (Bracht), Elmhurst (Elmenhorst), Gesondron (Geilern) und. Seondonhurst. Das Scurilingis Miri, der Schierlingsumpf, ist der heutige Schörmel.
Hier wurden im Jahr 2003 die Überreste eines Adelshofes aus dem 9. Jahrhundert gefunden, wahrscheinlich der Stammsitz der weit über Westfalen bekannten Familie Schorlemer. Dabei wurden auch zwei der (leider nur noch 2.) ältesten Schachfiguren Westfalens gefunden, sowie zwei Backgammonsteine. Die Spielsteine deuten auf einen gewissen Wohlstand hin.Hier wurden im Jahr 2003 die Überreste eines Adelshofes aus dem 9. Jahrhundert gefunden, wahrscheinlich der Stammsitz der weit über Westfalen bekannten Familie Schorlemer. Dabei wurden auch zwei der (leider nur noch 2.) ältesten Schachfiguren Westfalens gefunden, sowie zwei Backgammonsteine. Die Spielsteine deuten auf einen gewissen Wohlstand hin.
Die im Werdener Urbar nicht erwähnten Bauerschaften zeichnet das Register des Klosters Freckenhorst aus der Zeit um Tausend auf. Die Nonnen bezogen Getreideabgaben aus Scandforda (Sandfurt), Hart (Hardt) und Judinashuvila (Jonsthövel). Einzig die Bauerschaft Brock wird in diesen frühen Registern nicht erwähnt. Der feuchte schwere Boden (Brock‘= Bruch) wurde sehr spät kultiviert. Irgendwann zwischen 1100 und 1175 wird dann die Pfarrei Sendenhorst als „Gesamt-Pfarrei“ der genannten Bauerschaften gegründet. Die erste romanische Kirche wird im gedachten Schnittpunkt der Bauerschaften erbaut, auf dem leicht erhöhten Kiessandrücken, heute noch an gleicher Stelle. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Abpfarrung von Ahlen, das ist leider nicht mehr nachvollziehbar. Interessanterweise lag die bereits 890 erwähnte Bauerschaft Seondonhurst ca. 400m weiter östlich lag wohl die erste Bauerschaft Seondonhurst.
Weiter in die Zeit - 1175 - 1315
1175 wird Sendenhorst dann erste Mal als eigenständige Pfarrei erwähnt. Von da dauert es noch einmal fast 140 Jahre bis zur Stadtgründung durch Bischof Ludwig II. von Hessen…