Auf nach Kirchberg – Partnerstadt von Sendenhorst seit 27 Jahren
Leider war es nicht möglich, eine geeignete Ferienwohnung in Kirchberg selber zu finden, die unseren Anfordernissen entsprach, sodass wir Quartier in Stützengrün genommen haben. In Kirchberg selber gibt es keine Ferienwohnungen, da gibt es noch Potenzial, so auch Frau Bürgermeisterin Obst.
Sendenhorst erlebt ja diesbezüglich gerade einen Boom, die Ferienwohnungen schießen wie Pilze aus dem Boden und sind trotzdem ständig ausgebucht. Stetig wachsender Tourismus, aber auch die Preise für Quartiere in Münster z. B. während der "Skulptur Projekte", sind hier wohl als Gründe zu nennen.
Zurück nach Stützengrün: Dieser kleine beschauliche Ort im Erzgebirge liegt 15 km südlich von Kirchberg. Zur tschechischen Grenze (gute Einkaufsmöglichkeiten!), die direkt hinter dem fürs Skispringen bekannten Ort Klingenthal liegt, sind es noch einmal 20 km. Alles ist gut mit dem Auto zu erreichen, wobei viele Straßenbau-Tätigkeiten immer noch einige Umleitungen verursachen. Da wo die Straßen erneuert oder neu gebaut sind, fließt der Verkehr.
Bild: Altstadtfest auf dem Neuen Markt
So auch auf der neu erbauten Umgehungsstraße von Kirchberg. Von Einheimischen hört man, diese sei „nicht so schön“. Aber wir stellten fest, dass die Straße einwandfrei zu befahren ist. Und selbst der Ausblick auf Kirchberg war malerisch. Da warten wir in Sendenhorst und Albersloh schon wesentlich länger auf Verkehrsentlastung…
Der Stadt Kirchberg hat es auf jeden Fall eine deutliche Entlastung u. a. vom Schwerverkehr gebracht. Natürlich gab es wohl auch die Befürchtung, dass der Einzelhandel darunter leiden könnte. Dies hat sich aber nicht oder nur bedingt bewahrheitet, das Einkaufszentrum "7 Hügel" wurde an der Umgehungsstraße errichtet.
Die Freundschaft zwischen Sendenhorst und Kirchberg wird intensiv gepflegt. So kann einem durchaus vor Ort in Kirchberg mal die Freiwillige Feuerwehr Sendenhorst über den Weg laufen (so passiert); die Ehrenabteilung der Martinusschützen war leider gerade schon wieder auf dem Weg zurück nach Sendenhorst.
Bild links: Bürgermeisterin D. Obst, C. Hölscher, M. Erdenberger - Obligatorisch ist der Besuch an der „Sendenhorster Eiche“ (Bild rechts) auf dem neuen Markt neben dem historischen Rathaus. Der Baum wurde mit Unterzeichnung der Partnerschaft am 03.10.1990 gepflanzt und hat nach 27 Jahren Wiedervereinigung eine passable Höhe erreicht.
Im wunderschönen historischen Rathaus (mit Türmchen) empfängt die Bürgermeisterin Frau Obst gerne Gäste auch aus Sendenhorst, aber natürlich auch aus den anderen Partnerstädten Kirchbergs. Kirchberg hat auch noch weitere Städtepartnerschaften, so Groß Umstadt / Kreis Darmstadt-Dieburg in Hessen und Houdain in Frankreich
Ein touristisches Highlight ist sicherlich das Museum „Alt-Kirchberg“. Hier kann man allerhand Wissenswertes über Kirchberg in früheren Zeiten erfahren. Man findet es an der Torstraße gegenüber vom Altmarkt. Lauter frühere Stadtansichten der alten Tuchmacherstadt sind dort ausgestellt. Ein zeitgenössisches Café kann man ebenso betrachten wie ein altes Kellergewölbe mit Ausstellungsstücken des mittlerweile abgerissenen Brauhauses.
Verlässt man das Erdgeschoss und steigt die alten Treppen hinauf, begibt man sich in die vergangene Welt der DDR der 1960er und 70er Jahre. T
Thomas Lohmann (mit der Ehrenabteilung vor Ort):
„Ein damaliges Wohnzimmer unterscheidet sich eigentlich nicht besonders von den uns bekannten Wohnzimmern. Beim Frisörladen ist der Unterschied schon prägnanter. Welch interessante Technik damals eingesetzt wurde, um Mann und Frau hübsch aussehen zu lassen: von der Bartbinde zur Trockenhaube mit einzeln ausrichtbaren Fingern oder den per zahllosen Kabeln beheizten Lockenwicklern. Ein Arztzimmer aus der Zeit erinnert eher an eine Folterkammer. Da wurde sicherlich viel geschrien, sei es bei Amputationen oder anderen Erkrankungen. Dort fand ich auch die Fibel für Einarmige und Ohnhänder (siehe Foto).
Im nächsten Stockwerk kann man allerhand DDR-Uniformen betrachten, ob von der Gesellschaft für Sport und Technik oder dem Ministerium für Staatssicherheit. Ebenso findet man dort allerlei zusammengetragene Sportgeräte und Kleidung, vom Ball bis hin zu Schlittschuhen oder Skiern. Besonders spannend fand ich die dort ausgestellten Rodelschlitten, welche damals stabil und vor allem lenkbar waren. Zum Abschluss muss ich Wolfgang und seiner Frau für die interessante Führung danken. Die haben sich so viel Mühe gegeben und wissen zu jedem Ausstellungsstück etwas zu berichten. Für die drei Euro Eintritt sollte das jeder mal besuchen.“
Christian Hölscher: Bei mir haben die Fotos an der Wand besonderes „Schaudern“ ausgelöst, wenn einen der junge Erich Honecker anlächelt und ich unvermeidlich an ein einen Ausspruch von ihm denken: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ Zum Glück ist der Kommunismus seit 27 Jahren Geschichte, auch wenn manche Spätfolgen noch zu sehen sind, z. B. alte Gebäude, aber es wird und dauert halt seine Zeit, und die Deutsche Einheit wächst u. a. bei den zahlreichen Besuchen.
Thomas Lohmann: Vor dem Museumsbesuch waren wir zum Mittagessen auf dem Borberg im Anton-Günther-Haus. Der erzgebirgische Mundart-Sänger war selber nie im Borberghaus oder auf dem König-Albert-Turm nebenan, aber dort kann man allerhand Zeichnungen, Büsten und zahlreiche Sprüche finden. Wir bekamen dort interessante Ausführungen über die Schiebböcker, welche die Tuchrollen zu Fuß mittels so einer Art Schubkarre bis nach Leipzig (100 km) verbrachten (ähnlich bei uns die Tödden aus dem nördlichen Münsterland).
Bild rechts: 27 Jahre her: St. Margarethenkirche nach der Wende 1990
Ebenso findet man im Borberghaus die Hutzn-Stuben. Zu dieser konnte man erfahren, dass die Leute damals mehr zusammengehalten haben. So traf man sich reihum mal bei dem einen Nachbarn, mal bei dem anderen. Denn durch das Hutzn wurde nicht nur Brennstoff gespart. Der kalte, finstere Abend ging mit Geschichten und Gesang wesentlich schneller und angenehmer rum. Fernsehen oder gar Internet gab es damals noch nicht.
Lohnenswert ist der Besuch im Besucherbergwerk Stollnsystem „Am Graben” (Im Erzgebirge heißt es Stolln, nicht Stollen!) Aus der Homepage der Stadt Kirchberg:
Der alte Bergbaustollen „Am Graben” ist ein Besucherbergwerk und stammt aus der Zeit des Eisenerzabbaus im 17. Jahrhundert in Kirchberg.
Es ist ein weitverzweigtes Netz von Grubenbauen, welche aus Bergbau- sowie auch aus reinen Kellerauffahrungen bestehen. Sehenswert sind die Aussinterungen von Eisenerz, schwarzem Manganerz und Calciten, die sich über Jahrhunderte gebildet haben.
1663 begann die Geschichte des Bergwerks. 49 Jahre später, im Jahr 1712, stellte man den Eisenerzabbau auf Grund des niedrigen Fundes an abbauwürdigen Erzen ein. Reiche Kirchberger Bürger erweiterten in den folgenden Jahrzehnten den vorhandenen Grubenbau zu Bergkellern und schufen neue Kellerauffahrungen zur Bier- und Lebensmittellagerung. Ab 1940 wurde das Stollnsystem zu einem Luftschutzbunker ausgebaut. Am Ende des II. Weltkrieges wurde der ausgebaute Luftschutzbunker auch genutzt.
Nach dem Ende des II. Weltkrieges vermüllte man das Stollnsystem und vermauerte es in den 1980er Jahren. Erst im Jahre 2000 erfolgte durch den Fachbereich Bergbau des NABU, Landesverband Sachsen e.V., Ortsgruppe Kirchberg, die Aufgewältigung des alten Stolln- und Streckensystems. Das Grubengebäude wurde beräumt, und Sicherungsausbauten wurden vorgenommen. Die Stollnzugänge wurden gegen unbefugtes Eindringen gesichert und für Fledermäuse mit Einflugschneisen versehen. … Geöffnet ist das Besucherbergwerk zum Borbergfest (Anfang Juni) und zum Altstadtfest (Anfang Oktober). Führungen sind auch außerhalb dieser Öffnungszeiten jederzeit nach Anmeldung möglich.
Natürlich gibt es noch viel mehr in Kirchberg und der Umgebung zu entdecken, wir empfehlen dem Leser unbedingt einen Besuch in unserer Partnerstadt!
Linkliste:
Stadt Kirchberg
Kirchberger Natur- und Heimatfreunde
Erzgebirgischer Heimatverein Kirchberg